Podiumsdiskussion Harmos
03.05.2009 Text: IRMGARD BAYARD Die gleichen Chance geben Das sieht Käthi Wälchli, SVPGrossrätin aus Obersteckholz, ganz anders. «Meine vier Töchter besuchten zwei Jahre den Kindergarten. Es hat ihnen weder geschadet noch waren sie überfordert.» Im Gegenteil: «Mit dem frühen Eintritt haben alle Kinder die gleiche Chance.» Dies unterstrich auch Befürworterin Kathrin Zumstein, Juristin und FDP-Grossrätin aus Bützberg. «Bereits heute besuchen 86 Prozent der Kinder den zweijährigen Kindergarten auf freiwilliger Basis. Mit Harmos haben auch die restlichen 14 Prozent diese Möglichkeit.» Auf den Hinweis, sie habe noch kein Kind gesehen, das beim Besuch des Kindergartens weine, erntete Zumstein aus dem Publikum jedoch Kopfschütteln. Vehement gegen Harmos spricht sich Christian Waber, EDU-Nationalrat aus Wasen, aus. Dass 45 Gemeinden im Kanton den zweijährigen Kindergarten noch nicht anbieten können, findet er nicht ungerecht %u2013 im Gegenteil. «Die Kinder sind zu Hause und in ihrem gewohnten Umfeld besser aufgehoben », sagte er und forderte «nicht ein globales System, sondern die Anpassung an die Familie und die Region. » Auch dem Einwand der beiden Befürworterinnen, jede Familie könne ein Gesuch stellen, um den Kindergarteneintritt um ein Jahr zu verschieben, glaubt Waber nicht. «Das ist lediglich eine Zusage und steht so nicht festgeschrieben. Und überhaupt», so Waber weiter, «wer entscheidet über die individuelle Entwicklung des Kindes? » Eltern haben das letzte Wort «Die Eltern haben ganz klar das letzte Wort», betonte Schulinspektorin Silvia Jäger, die Harmos im Eingangsreferat vorstellte. Und: «Wir wollen die Kinder den Eltern nicht wegnehmen. Es muss ein Zusammenspiel sein zwischen Eltern und Schule, ganz gleich, ob auf freiwilliger Basis oder mit einem Obligatorium.» Zudem, wiederholte Jäger, sehe die Umsetzung nicht nur den zweijährigen Kindergarten, sondern auch eine dreijährige Grundstufe oder eine vierjährige Basisstufe zur Auswahl vor. Zwar finden auch die Harmosgegner Positives %u2013 Waber zum Beispiel die einheitlich definierte Grundbildung und den Bildungsstandard %u2013, für sie gibt es aber noch zu viele offene Fragen, «die alle in der Vereinbarung nicht schriftlich geregelt sind», wie es Waber ausdrückt. Ihm ist alles zu wissenschaftlich. An dem von Jolanda Brunner, Präsidentin SVP Frauen Kanton Bern (Spiez), souverän geleiteten Podium wiesen die Befürworter auf die positiven Auswirkungen des Bildungsstandardes hin. Käthi Wälchli: «Mit Harmos haben am Ende der Schulzeit alle dieselben Bedingungen, auch wenn sie aus anderen Kantonen eine zentrale Berufsschule besuchen.» Hauptsache abstimmen Das Schlusswort hatte Christian Hadorn, Präsident der SVP Oberaargau. «Wir sind früh dran mit dem Podium », gab er zu. «Aber so habt ihr genügend Zeit, euch vor dem Entscheid ein Bild zu machen.» Er outete sich auch gleich als «Überläufer», da er vom Pro- ins Kontra-Lager wechselte. Bei der Konsultativabstimmung waren 15 der Anwesenden für Harmos, 24 dagegen und einige noch unentschieden. «Ganz gleich, wofür ihr euch entscheidet. Hauptsache ist, ihr geht an die Urne», rief er die vorwiegend anwesenden Parteimitglieder auf.