Wahlkreis Oberaargau

Wie nach dem EWR-Nein

22.03.2014

Ein Artikel von Patrick Freudiger, Rechtsanwalt und Stadtrat Langenthal

Das Schweizer Volk stimmte der Volksinitiative gegen Masseneinwanderung zu %u2013 trotz millionenschwerem
Dauerfeuer der Gegner, wonach man die Bilateralen nicht abholzen dürfe. Zu offensichtlich
waren die negativen Folgen der Personenfreizügigkeit: Die keine Schweiz kann nicht jährlich netto
80´000 neue Einwanderer aufnehmen und gleichzeitig ihre Identität und Lebensqualität erhalten.
Diese europapolitische Abstimmung ist eine Zäsur und vergleichbar mit dem EWR-Nein vom 6. Dezember
1992: Bundesrat und Wirtschaftsverbände erklärten damals den EWR-Beitritt zur einzigen
Option. Bei einem Nein werde die Schweiz nicht überleben. Doch das Volk misstraute den falschen
Propheten und erkannte den EWR-Beitritt als, was er sein sollte: Ein Vorhof zum EU-Beitritt. Heute
funktioniert die Schweizer Wirtschaft solid wie eh und je, während die EU am Abgrund taumelt.
Als Alternative zum EWR wollte die Schweiz daraufhin mit der EU bilaterale Verträge abschliessen.
Doch wurden die Bilateralen von denselben Personen ausgehandelt, welche eigentlich der EU beitreten
wollten. Die Resultate waren aus Schweizer Sicht eher bescheiden: Neben der freien Fahrt für 40
Tonnen-Lastwagen aus der EU für ein Butterbrot war der Bundesrat bereit, die volle Personenfreizügigkeit
mit der EU zu schlucken. Im Abstimmungsbüchlein beschwichtigte er, eine Masseneinwanderung
werde es nicht geben: %u201EIn Wirklichkeit sind die Wanderungsbewegungen innerhalb der EU gering.%u201C
Die Prognose sollte sich schon kurze Zeit später als falsch verweisen. Doch wurde seither keine Abstimmung
im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit unter nüchterner Abwägung der Vorund
Nachteile geführt. Vielmehr stand primär die Angst vor einer negativen Reaktion aus Brüssel im
Vordergrund: So bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit im Rahmen der EU-Osterweiterung
(auf Polen, Ungarn etc.) sowie danach auf Rumänien und Bulgarien, ja selbst bei der Abstimmung
über die Fördermilliarde an die neuen EU-Staaten.
Die Androhung eines aussenpolitischen Fiaskos blieb auch dieses Mal nicht aus. Doch sollte sie nicht
mehr richtig wirken. Schliesslich will die Initiative keine Kündigung der bilateralen Verträge, sondern
nur das, was z.B. der britische Premierminister David Cameron auch für sein Land unlängst gefordert
hat: Die Nachverhandlung der Personenfreizügigkeit. Bei dieser Ausgangslage konnten Bundesräte
und Wirtschaftsverbände nicht länger mit apokalyptischen Drohungen das Gemeinwohl in Geiselhaft
nehmen. Nun ist der Weg frei für eine Einwanderungspolitik, die wieder im nationalen Interesse liegt.

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